Persönliche Reaktionen: „Es ist traurig, wie unmenschlich das Handeln damals war und dass sie nach Lust und Laune über das Leben anderer entschieden haben“ schreibt eine Schülerin der Zeppelin-Realschule nach dem Besuch der nun im Singener Rathausfoyer zu Ende gegangenen Ausstellung „Wir hatten noch gar nicht angefangen zu leben“ über die Herrscher der Jugend-Konzentrationslager Moringen und Uckermark. Von 1940-45 inhaftierten die Nationalsozialisten dort 3.000 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 25 Jahren als „Gemeinschaftsfremde“, von denen Hunderte starben oder ihr Leben lang schwere körperliche und seelische Schäden davontrugen, gequält von Polizei, SS und dem berüchtigten Rassebiologen Dr. Ritter, der grausige Verbrechen an den schutzlosen Jungen und Mädchen beging und zudem auch das alte Volk der Jenischen verfolgte.
„Unsere Besucherzahlen waren überwältigend, allein 500 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften waren im Rathaus“, zogen Marcel Da Rin von der Singener Kriminalprävention und Bernhard Grunewald vom neuen Verein inSi e.V als Initiatoren nun eine erste Bilanz. „Wir wollen gerade in diesen Tagen zeigen, was echte Nazis wirklich gemacht haben“, so Grunewald, dessen Vater Wolfgang 30 lange Monate in Moringen inhaftiert war und der noch vor seinem frühen Tod half, diese Ausstellung zu entwickeln. Beide bieten nun den Singener Schulen und Jugendlichen eine Vertiefung des Themas an, ergänzt um den Film „Nacht und Nebel“ über Hitler’s KZs.
„Davon haben wir noch nie etwas gehört“, war der Tenor gerade älterer Besucher aus nah und fern, die sich ebenso betroffen zeigten wie viele Rathausbedienstete und zahlreiche Tagesbesucher. Bereits bei der Eröffnung unterstrich Oberbürgermeister Bernd Häusler vor überraschend vielen Gästen, dass Rassismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit in Singen keinen Platz haben. Er dankte beiden Verantwortlichen für die beeindruckende Initiative, die vom lokalen „Bündnis unterm Hohentwiel“ ebenso Unterstützung bekam wie von Heinz Rheinberger, dem legendären Singener Gewerkschafter und SPD-Kommunalpolitiker, der aufgrund eigener Erlebnisse als 14-jähriger im „Adolf-Nazi“-Volkssturm und Begegnungen mit KZ-Überlebenden wie Willi Bleicher alle Anwesenden zum aktiven Handeln gegen faschistisches Denken und Handeln aufrief. „Der Faschismus kommt nicht immer auf genagelten Stiefeln“, so Rheinberger. Gefördert wurde die Ausstellung, welche von Martin Guse konzipiert wurde, vom Programm „Demokratie leben“ des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.